Im Gespräch – Rosa Zschau
Wovon gehen Sie in Ihrer künstlerischen Arbeit aus?
Für mich übte immer schon die Beobachtung der Pflanzenwelt eine große Faszination aus. Obwohl bereits in meinem Studium als total veraltet eingestuft, mache ich gerne Aquarellstudien. Die Umsetzung der Pflanzenwelt in ein zweidimensionales Format, die Gestaltung der strengen Ordnung der Pflanzenformen in ihrer scheinbar chaotischen und unübersichtlichen Erscheinungsform. wie wir sie beim flüchtigen Betrachten wahrnehmen, in ein Bild umzusetzen bleibt für mich eine große Herausforderung. Die Farbnuancen, der Wechsel von Licht und Schatten, die vielfältige Formensprache der Natur auf Papier festzuhalten, ist nach wie vor ein aufregender Prozess.
In Ihren Arbeiten der letzten Jahre erscheint dieses Thema nur marginal. Wie ging ihre Entwicklung weiter?
Letzten Endes interessieren mich jetzt nur noch Farbe und Form, eine illusionistische Darstellung nach der Natur liegt mir fern. Ich arbeite lieber mit Details, zum Beispiel für die Ausstellung mit Druckgrafik-Kollegen in der Stadthalle Germering ist mein Thema die Linie. In den dafür gemachten Holzschnitten, Linolschnitten, Radierungen und Lithografien und Kombinationen kann man durchaus natürliche Linien wie Blütenstengel, Rinnsale oder Felderstrukturen erkennen. Sie sind jedoch aus dem natürlichen Zusammenhang gelöst und haben sich verselbständigt, sind meinem Spiel von Farbe und Form unterworfen.
Wie kam Ihr Weg vom gegenständlichen Aquarell zur ungegenständlichen Druckgrafik zustande?
Es gab vor vielen Jahren ein Schlüsselerlebnis an einem Sommertag in Kroatien. Ich saß unter einem Feigenbaum und malte ein Aquarell von der vor mir liegenden Gartenszenerie. Plötzlich bemerkte ich auf dem Pflaster der Terrasse, auf der ich saß, das wunderbare Spiel der Schatten der Feigenblätter. Sie bewegten sich leicht im Wind und die sich überlagernden Schatten ergaben immer wieder neue Formen in unterschiedlichen Helligkeiten, je dichter sie sich unter dem Sonnenlicht formierten. Mein Gedanke war, wenn ich eine solche Form herausnehme und sie immer neu arrangiere, bekomme ich sehr interessante Gefüge. So ging mein Sinn hin zur Druckgrafik. Es war ein langer Weg über Radierungen, die mir immer wieder die Begrenzung der Platte im Bild zu berücksichtigen gaben über Hochdruckverfahren, die für meine Ziele einen zu massiven Farbauftrag verlangten. Schließlich kam ich zur Lithografie, bei der ich endlich fand, was ich so lange suchte: Ein unbegrenztes Bildformat, das Motiv frei in der Fläche beweglich. Außerdem erreiche ich mit einem sehr grob gekörnten Stein die notwendige Transparenz für die Kompositionen. Jetzt, da ich nach zahlreichen Serien mit einfachen Linien, Rechtecken und Kreisen in biomorphen Formen mein optimales Gestaltungsformat gefunden habe, Diese kombiniere ich mit klassischen Druckgrafik-Techniken. Es ist ein unendliches Spiel und ich erlebe immer wieder Überraschungen, wenn ich das Papier vom Druckstock ziehe.
Wo haben Sie die drucktechnischen Möglichkeiten für Ihre Arbeit?
In meinem Atelier am Wörthsee verfüge ich über eine 60-cm Druckpresse für Radierung und Hochdruck. Die lithografische Ausrüstung , die ich benutze, befindet sich in der Künstlerwerkstatt unter der Ägide von www.kulturwerkstatthaus10.de im Kloster Fürstenfeld rund 15 Kilometer von meinem Atelier entfernt. Es gibt dort Ausstellungsräume und diverse Werkstätten. Diese wurden vom Bayerischen Kultusministerium ausgestattet, die Räumlichkeiten werden von der Stadt gesponsert und es können sich Künstler gegen Gebühr dort einmieten. Ich bin dort zuständig für die Lithografieabteilung, stelle sicher, daß das notwendige Material vorhanden ist bei Vermietung und gebe dort regelmäßig Kurse. Ich freue mich sehr, wenn Kollegen aus aller Welt in dieser schönen Anlage vorbeikommen und wir gemeinsam lithografisch arbeiten können. Auch Atelierbesuche sind auf Anfrage gerne möglich. Derzeit sind wir COVID19.bedingt sehr viel zu Hause.
Fotos: Rosa Zschau