Daniel Schaal
Augenscheinlich haben wir es in der Kunst Daniel Schaals angesichts seiner künstlerischen Konzeption mit der Strategie und Inszenierung des Akts der Wiederholung zu tun. Das zeigt sich in der Anlage inform oft mehrteiliger Werkserien. Und im einzelnen Werk macht sich die Repetition inform immer desselben Motivs bemerkbar – ob als Abdruck derselben Vorlage (z. B. des Schneidebrettchens) oder in der Repitition der immer selben Form, nämlich dem Ziehen von Linien. Und angesichts der Strategie der ständigen Wiederholung vermittelt sich dem Betrachter das Gefühl, der Künstler operiere im Rahmen eines selbst definierten Systems mit endlos neuen Versuchsreihen. Das nennt man dann auch Ritual.
Das Autobiographische erfährt in diesem Akt der Repitition plötzlich die Verwandlung in etwas Gesellschaftlich- Verfügbarens. Und durch das Ritual der Wiederholung ist es, als würde jegliche Statusunterscheidung zwischen Subjekt und Objekt aufgehoben. Über das Ritual der Wiederholung und die mehrschichtige Überlagerung desselben Motivs entspinnt sich ein symbolischer Kreislauf zwischen Werden und Vergänglichkeit, eine Reflexion über Spur und Bedeutung, über unser Handeln im öffentlichen und privaten Umfeld. Daniel M.E. Schaal ersetzt in seiner Arbeit als Künstler den persönlichen Ausdruck durch den performativen Abdruck. So kreiiert er eine Symbiose zwischen Bild und Körper, die in die neue Ästhetik einer anthropologischen Abstraktion mündet.
Tatsächlich leben wir leben in einer vom Menschen geprägten Welt, und empfinden uns dennoch als hilflos. Der französische Kunstkritiker, Theoretiker und Kurator Nicolas Bourriaud schlägt in seinem neuen Esay „Inclusions Aesthetics of the Capitalocene“ (2022/23) deshalb vor, dass Künstler die Anthropologen unserer neuen Beziehungslandschaft sind. Künstler erkennen das Verschwinden der Trennung zwischen Natur und Kultur an, die seit Jahrtausenden die Matrix der Segregation war. Kapitalismus, Patriarchat, Sklaverei, soziale Segregation, die Ausbeutung von Land, Boden und Tieren – sie alle beruhen auf Statusunterscheidungen zwischen Subjekt und Objekt.
Gegen die Kommerzialisierung der natürlichen Elemente sieht Bourriaud eine neue Generation von Künstlern, die eine molekulare Anthropologie fordern, um die Auswirkungen des Menschen auf das Universum und die Interaktion zwischen Menschen und Nichtmenschen nachhaltig zu untersuchen. Die zeitgenössische Kunst knüpft an die archaische Magie, die Hexen, Zauberer und Schamanen der vorkapitalistischen Gesellschaften an. Entgegen der Devitalisierung der Welt ist es der Kunst gelungen, bestimmte Aspekte der sozialen Funktion und der spirituellen Praktiken dieser Gesellschaften zu bewahren.
Submission by Daniel Schaal
Text: Jette Rudolph, Galeristin, Kunsthistorikerin
danielschaal.net