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True Stories – Die subjektive Wahrnehmung der Wirklichkeit

Nele Gülck, Der Gute Berg, 2017-2019, Pigmentdruck, 60 x 80 cm

Nele Gülck, Der Gute Berg, 2017-2019, Pigmentdruck, 60 x 80 cm

Magdalena Stengel, ±100, 2019, Pigmentdruck, 30 x 40 cm

Magdalena Stengel, ±100, 2019, Pigmentdruck, 30 x 40 cm

 

In den Arbeiten von “True Stories”, kuratiert von Magnus Pölcher, zeigen die Fotografen der vierten Meisterklasse der Ostkreuzschule für Fotografie ihre subjektive Wahrnehmung von Wirklichkeit: wie sie war, ist, sein sollte. In den Arbeiten treffen ihre Beobachtungsgabe und ihr Vorstellungsvermögen auf Geschichten aus der Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft.

So bildet Eddie Bonesire in “Monsieur W.” anhand von “geerbten” Materialien in Kombination mit neuen Fotoarbeiten die Lebensgeschichte des Monsieur W. (1914-2009) ab, die zugleich auf ein Stück belgische Geschichte des 20. Jahrhunderts verweist. Alina Simmelbauer, selbst Tochter eines kubanischen Vertragsarbeiters, der Anfang der 1980er Jahre in der DDR zu Gast gewesen war, hat in “Garcias Tochter” Familiengeschichten rekonstruiert, die ihrer eigenen ähneln. Die baltische Gutshauskultur hat Anja Putensen zu einer visuellen Recherche veranlasst, die sie nun in “Das Gut” aus einer poetisch-magischen Perspektive präsentiert. Alexander Kadows “Baltic Amber” wiederum erforscht in analogen Direktabzüge von Bernsteinen, was vor 20 Millionen Jahren in diesen natürlichen Zeitkapseln konserviert wurde. In klassisch-dokumentarischen sowie inszenierten Selbstbildnissen mit dem Titel “In der Zwischenzeit” hat sich Heidi Krautwald seit der Geburt ihres ersten Kindes 1984 mit ihren sozialen Rollen als Frau, Geliebte und Mutter fotografisch auseinandergesetzt. Auch Antonia Gruber untersucht in ihren Selbstportraits ihre Rolle als Frau, innere Konflikte, sowie die Selbst- und Fremdwahrnehmung. Dabei experimentiert sie jedoch radikal mit der Reproduzierbarkeit von Bildern. In “Prelight Days” hat sich Attila Hartwig mit seinem Bildarchiv der letzten zwei Jahrzehnte sowie seinem damit verbundenen Selbstverständnis als Fotograf konfrontiert, indem er zum ersten Mal Material, was bisher nicht für die Öffentlichkeit bestimmt war, als eigenständiges Werk präsentiert.

Die heutigen, digitalen Kommunikationsmöglichkeiten bilden den Ausgangspunkt bei der Arbeit von Alexander Klang, indem er sich mit ihm fremden Personen an unbekannten Orten verabredet, um von ihnen zeitlose “Portraits” im hier und jetzt zu machen. Eingeschlossen von den Morava-Bergen im Süden Albaniens und stehengeblieben in der Zeit, hat Nele Gülck einen mythischen Ort entdeckt, “Der gute Berg”, den zwar alle verlassen wollen, jedoch dabei nie vergessen eine Handvoll Erde mitzunehmen, die sie erinnern und beschützen soll.

Wie gehen Menschen mit Fragen nach dem Sinn des Lebens um? Tim Weber visualisiert diese philosophische Fragen in “Dialog mit dem Menschsein”, indem er seine Portraitierten während dem Fotografieren mit Fragen nach der menschlichen Existenz konfrontiert. In “Zwischenland – Versuch über ein Idyll” dokumentiert Ralf Bittner die langfristigen, oft kaum wahrnehmbaren Veränderungen in seiner Heimatstadt und verbindet dabei die Grammatik eines Ortes mit der visuellen Poesie eines urbanen Romantikers.

Einen unsichtbaren “Schleier” lüftet Nina Hansch, indem sie die Zukunftsfragen, die über dem nur zwei Kilometer vom maroden Atommülllager Asse II entfernt liegenden Ort Groß Vahlberg, visuell einfängt.

Jedes dritte in 2019 geborene Mädchen wird nach neuesten Studien über 100 Jahre alt werden. In ihrer Serie ±100 erzählt Magdalena Stengel von der heutigen Lebenswirklichkeit höchstaltriger Menschen, deren Anzahl in Deutschland sich innerhalb des letzten Jahrzehnts bereits mehr als verdoppelt hat und thematisiert zugleich ein relevantes Zukunftsthema – die alternde Gesellschaft. Einen Schritt weiter geht Natalya Reznik in “Die alte Welt”, indem sie sich vorstellt, wie ältere Frauen im Jahre 2050 ein neues Schönheitsideal verkörpern werden. Die Greynaissance beginnt hier!

 
Alexander Kladow, Baltic Amber #02, 2019, Direkter, analoger C-Print eines Bernsteines, 125 cm x 100 cm

Alexander Kladow, Baltic Amber #02, 2019, Direkter, analoger C-Print eines Bernsteines, 125 cm x 100 cm

Natalya Reznik, Die Alte Welt, 2018, Pigmentdruck, 67 x 100 cm

Natalya Reznik, Die Alte Welt, 2018, Pigmentdruck, 67 x 100 cm

 

In der Gegenüberstellung dieser 14 Positionen – mit ihrem formalästhetischen als auch thematischen Spektrum – wird die Vielschichtigkeit unserer Realität aufgezeigt. Dabei gleicht keine Geschichte der anderen und doch erzählen “True Stories” alle gemeinsam etwas über den Zustand unserer heutigen Zeit. Sie verwischen dabei die Grenzen aus Faktischem und Fiktivem, suchen nach Antworten in der Vergangenheit, ebenso wie sie fragen über die Zukunft stellen. In einer Vielfalt von fotografischen Genres und Techniken werden individuelle und subjektive Ausschnitte der Wirklichkeit präsentiert. So finden wir an apokalyptischen Orten Hoffnung, in fremden Ländern ein Gefühl von Heimat, in den Lebenserfahrungen anderer Menschen uns selbst und in der fotografischen Auseinandersetzung mit dem Ich ein visuelles Universum.

Unter der Leitung von Prof. Ute Mahler, Fotografin und Mitbegründerin der Agentur Ostkreuz, und Ingo Taubhorn, Kurator des Hauses der Photographie / Deichtorhallen Hamburg, haben die 14 Absolventen und Absolventinnen innerhalb der Meisterklasse ihren eigenen Blick auf die Wirklichkeit in freien dokumentarischen und künstlerischen Arbeiten entwickelt, um diese vom 14. bis 23. Februar 2020 im Kunstquartier Bethanien, Studio 1, Mariannenplatz 2 in 10997 Berlin zu präsentieren.

www.truestories-oks.de

Source: Press Release
Photos: Nele Gülck, Magdalena Stengel, Alexander Kladow, Natalya Reznik

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