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Ein Blick auf das Unscheinbare: Moritz Bergs „Urlaub in Italien“

30123, 2024, Acryl und Öl auf Leinwand, 140 x 110 cm, Foto: Marie Siebert

Temple, 2024, Öl auf Leinwand, 140 x 180 cm, Foto: Marie Siebert

 

Mit der Ausstellung Urlaub in Italien präsentierte Moritz Berg in der Galerie Tassilo Usner in Wien seine letzte Solo-Show im Jahr 2024, die weit über klassische Landschaftsdarstellungen hinausging. Berg zeigte Arbeiten, die den Fokus auf die unscheinbaren und oft übersehenen Momente einer Italienreise legen. Dabei führte er die Betrachtenden zu einer Auseinandersetzung mit der romantisierten Wahrnehmung von Natur und Kultur im Kontext des Tourismus.

Bergs Werke, inspiriert von einer mehrwöchigen Reise durch Italien, thematisieren Eindrücke, die sich den gängigen touristischen Klischees entziehen. Statt ikonischer Motive wie dem Kolosseum oder den Kanälen Venedigs stehen das tropfende Harz von Mandelbäumen, das Rascheln von Feigenblättern oder abstrakte Strukturen im nassen Sand im Zentrum. Diese scheinbaren Nichtigkeiten – flüchtige, intime Momente – werden in Bergs Kunst greifbar gemacht. Die Arbeiten verstehen sich als Souvenirs, die den vergänglichen Zauber solcher Erlebnisse in dauerhafte Objekte übersetzen.

 
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Installationsansicht, Urlaub in Italien, 2024, Foto: Marie Siebert

Installationsansicht, Urlaub in Italien, 2024, Foto: Marie Siebert

Installationsansicht, Urlaub in Italien, 2024, Foto: Marie Siebert

Installationsansicht, Urlaub in Italien, 2024, Foto: Marie Siebert

 

Von der Architektur zur Kunst

Bereits 2021 gewährte Berg im Interview mit dem Magazin Les Nouveaux Riches Einblicke in seine künstlerische Herangehensweise, die auch in seiner Ausstellung Urlaub in Italien wieder deutlich wird. Ursprünglich studierte er Architektur und Stadtplanung an der Universität Stuttgart, ein Hintergrund, der seine Arbeiten bis heute prägt. Laut Berg eröffnet die Kunst jedoch Freiheiten, die in der Architektur durch ökonomische Zwänge und Vorschriften begrenzt sind. Während er in der Architektur oft an Normen gebunden war, ermöglicht ihm die Kunst, Themen abstrakt und frei anzugehen, um neue Perspektiven zu gewinnen.

Besonders faszinierend ist seine Arbeit mit „vermeintlichen Nichtigkeiten“. Dieses Konzept, das bereits den Titel seiner Masterarbeit bildete, zieht sich als roter Faden durch sein künstlerisches Werk. Berg beschreibt, wie kleine, alltägliche Beobachtungen – etwa eine tanzende Plastiktüte im Wind oder Lichtreflexionen auf einer Windschutzscheibe – Ausgangspunkte für seine Kunst werden. Diese flüchtigen Momente haben für ihn eine tiefere Bedeutung, da sie die Aufmerksamkeit auf das Hier und Jetzt lenken und eine Gegenbewegung zur Schnelllebigkeit der modernen Gesellschaft darstellen.

Achtsamkeit als künstlerisches Prinzip

Bergs Arbeitsweise basiert auf einem intensiven Beobachten. Er beschreibt sich selbst als achtsamen Beobachter, dessen Werke weniger von konkreten Vorstellungen, sondern von Fragen und Empfindungen geleitet werden. Dabei versucht er, die Atmosphäre der von ihm wahrgenommenen Momente einzufangen, sei es in Form von Gemälden, Assemblagen oder Videoinstallationen. „Ich versuche möglichst wertfrei zu beobachten, um die Dinge als das zu verstehen, was sie von sich selbst aus sind“, erklärt Berg im Magazin Les Nouveaux Riches. Diese Herangehensweise erinnert an Aldous Huxleys Konzept der „Istigkeit“, das eine intensive und vorurteilsfreie Wahrnehmung der Dinge propagiert.

 

Untitled, 2024, Ölpastell und Graphit auf Papier, 50 x 40 cm, Foto: Marie Siebert

Untitled, 2024, Holzkohle auf Papier, 50 x 40 cm, Foto: Marie Siebert

 

Eine Einladung zur Reflexion

Die Ausstellung Urlaub in Italien war mehr als eine visuelle Hommage an Italien. Sie forderte die Betrachtenden auf, den Blick von den überwältigenden, oft überinszenierten Bildern touristischer Attraktionen abzuwenden und die leisen, unspektakulären Momente wertzuschätzen. Berg zeigte, dass gerade diese unscheinbaren Augenblicke das Potenzial haben, nachhaltige Erinnerungen zu schaffen und uns auf eine tiefere Verbindung mit unserer Umgebung aufmerksam zu machen.

Die Ausstellung von Moritz Berg war damit nicht nur ein kunstvoller Reisebericht, sondern auch eine philosophische Reflexion über die Wahrnehmung von Natur, Kultur und uns selbst.