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Patrick Droste und Katharina Galladé, Geschäftsführer der Galerie Droste, im Gespräch mit der Kunsthistorikerin Ruth Polleit Riechert

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Kulturelle und gesellschaftliche Strömungen abbilden – Das ist die Anliegen von Patrick Droste und Katharina Galladé, Geschäftsführer der Galerie Droste mit Sitz in Wuppertal, und seit 2016 einem Showroom in Paris. Die Galerie zeigt ein frisches Programm mit jungen Street Art-Künstlern und klassischen Akademie Absolventen vor allem im Schwerpunkt Malerei und Bildhauerei. Am 20. Juni 2020 eröffnet eine Show mit neuen Werken von Raphael Brunk.

Wie seid Ihr zur Kunst gekommen?

Patrick Droste: Bei uns beiden hat es sehr unterschiedlich angefangen. Ich bin durch eine schon früh ausgeprägte Sammelleidenschaft in jungen Jahren an die Kunst gekommen. Ich habe im Teenageralter angefangen, mich mit Graffiti zu beschäftigen und Arbeiten von Künstlern aus der Szene zu kaufen bzw. zu tauschen. So begann die Geschichte bei mir und hat zu dem geführt, was heute ist.

Katharina Galladé: Ich bin in einer kulturinteressierten Familie aufgewachsen und fand Kunst schon immer spannend. Das hat mich dann auch dazu bewogen, nach einer ersten Ausbildung doch noch ein Kunstwissenschaftliches Studium zu absolvieren. Gefunden haben wir uns durch Facebook im Jahr 2013, als Patrick noch eine One-Man Show war und eine Galerie noch gar nicht angedacht war. Ich habe mich bei ihm initiativ als studentische Aushilfskraft beworben. Zu diesem Zeitpunkt arbeiteten noch nicht viele Leute in Deutschland mit Graffiti- und Street Art-Künstlerinnen und Künstlern. Ich war schon immer fasziniert von dieser Szene.

Wie kam es zu Eurem Schwerpunkt “Street Art”?

Patrick: Ich war selbst in der Szene tätig und mit vielen Graffiti Sprayern befreundet. Dadurch kannte ich mich besonders mit der amerikanischen Kunstszene seit den 1980er Jahren ganz gut aus. Zu Beginn habe ich meinen Fokus darauf gelegt, die Grafftiti Sprayer zu zeigen, die vor allem die europäische Graffiti Szene seit den 1980er Jahren stilistisch geprägt haben. Ich habe mir auch den Traum erfüllt, die Vorbilder meiner Jugend zu zeigen. Im Laufe der Jahre hat sich das Galerieprogramm dann erweitert und zeigt heute das Spektrum an Kunst, an dem ich immer schon interessiert war. Eine gewisser Umgang mit dem Urbanen oder eine subkulturelle Herkunft lässt sich jedoch bei den meisten unserer Künstlerinnen und Künstler immer noch finden.

Wie habt Ihr Raphael Brunk gefunden und warum ausgewählt?

Patrick: Wir haben eine Arbeit von Raphael Brunk beim Rundgang in der Düsseldorfer Kunstakademie 2016 gesehen. Diese war damals noch von seiner Serie CAPTURES, bei der Raphael sich mit der digitalen Welt des Computerspiels GTA auseinandergesetzt hat. Das Werk hat uns technisch, aber auch ästhetisch sofort angesprochen. Der Umgang mit Räumlichkeit, Perspektiv-Wechseln und der popkulturellen Anlehnung an das GTA Spiel, also auch diese kitschige 90er Jahre Ästhetik, hat uns gepackt.

Katharina: Wir haben seine Arbeiten nicht sofort verstanden; wir haben darüber diskutiert und etwas Familiäres darin gefunden. All das zusammen hat die Arbeit für uns unglaublich spannend gemacht. Vor allem der Umgang mit digitalen Bildwelten und der Tatsache, dass er aus der klassischen Fotografie heraus dort hingefunden hat, war für uns ausschlaggebend für eine tief gehende Betrachtung seines Werkes.

Sammelt Ihr persönlich Kunst?

Patrick: Ja, auf jeden Fall. Ich bin durch das Sammeln an die Kunst gekommen und sehe mich auch immer noch als Sammler, wie auch Galeristen. Wir haben die Sammlung jedoch nie systematisch aufgebaut. Von Malerei, über Skulpturen und Fotografie bis hin zu Design Vintage Möbeln – alles ist bei uns im Haus vertreten. Es geht um Gefühle, Spaß an der Kunst und einem emotionalem Austausch mit dem Objekt.

Vor kurzem habt Ihr eine Dependance in Paris eröffnet, warum dort?

Patrick: Wir haben gemerkt, dass wir gerade am Anfang, als wir ausschließlich Graffiti- und Street Art-Künstler ausgestellt haben, immer schon französische Interessenten hatten. Um die Sammler vor Ort zu betreuen, haben wir Anfang 2017 unseren Mitarbeiter Thomas Demeester aus Paris eingestellt, der weiterhin vor Ort lebt. Auch privat hatten wir immer schon eine große Affinität zu der Stadt. Nach nun drei Jahren und mehreren Pop-Up Ausstellungen vor Ort, die immer erfolgreich verliefen, haben wir uns nun dieses Jahr entschieden, eine Dependance dort zu eröffnen.

Katharina: Es war ein natürlicher Schritt für die Galerie. Wir sind gespannt, wie das nun in Paris verlaufen wird. Gestern war die erste Ausstellungseröffnung, die wir durch die Corona Pandemie um zwei Monate verschieben mussten.

Welches Interesse und welchen Bedarf seht Ihr bei Eurem Umfeld und Euren Kunden?

Katharina: Ganz klar eine Verjüngung des Kunstmarktes. Damit ist nicht nur die Verjüngung des Publikums gemeint, sondern auch eine Verjüngung der Bildsprache und einer Verjüngung des Austauschs. Unsere Kunden, Interessenten und Besucher suchen nach einem Zugang zur Kunst, der vereinfacht wird. Es müssen, bzw. sollen nicht mehr die Vernissagen mit dem kunsthistorischen Vortrag und der musikalisch abgestimmten Begleitmusik sein. Was nicht bedeutet, dass wir nicht fundierte Führungen machen und / oder kunstwissenschaftliche Publikationen zu den Künstlern herausbringen. Aber in der Ansprache, dem ersten Zugang, soll Leichtigkeit empfunden werden. Das spüren wir sehr deutlich. Wir haben es uns aber auch immer zum Ziel gesetzt, dass wir gerade junge Leute in die Galerie holen wollen. Für viele, eingeschlossen uns, ist der Kunstbetrieb in Deutschland zu eng gefasst, elitarisiert und nicht aufregend gestaltet. Dadurch kommen viele Menschen überhaupt gar nicht erst mit Kunst in Berührung. Oder haben sich nicht in Galerien oder Museen getraut, aus Angst die eigene Unwissenheit könnte pikiert notiert werden von den Leuten, die sich tagtäglich mit Kunst beschäftigen. Es herrscht eine große Unsicherheit in Deutschland, wenn es um Kunst geht. Viele wollen partizipieren, denken aber, sie könnten dies auf Grund ihres fehlendem Wissen nicht tun.

Patrick: Diese Angst haben wir schon immer versucht zu nehmen. Der Satz „Ich finde das schön / hässlich, aber ich habe eh keine Ahnung“ gilt bei uns nicht. Wir gehen mit den Leuten in den Dialog und bringen sie dahin, erst einmal eigene Erfahrungen mit den Bildern zu machen. Dann geben wir ihnen grobe Denkansätze, um zu vertiefen und zu verstehen. Wenn jemand dann noch Lust hat, sich richtig einzuarbeiten, können wir – und vor allem unsere Künstlerinnen und Künstler – das natürlich auch bieten. Wichtig ist jedoch erst einmal, dass jeder mit einem Gefühl aus unserer Galerie geht. Alles andere kommt von alleine. Es geht darum, durch Spaß und Leichtigkeit Kunst zu erfahren. Wir haben so großartige Künstlerinnen und Künstler, die für die jungen Generationen ein Sprachrohr sind. Die Zustimmung erzeugen, bekannte Problematik aufzeigen, politisieren, zuspitzen oder aber auch einfach Träume visualisieren. Es wäre traurig, wenn diese Künstlerinnen und Künstler nicht von denen gesehen werden, die sie vornehmlich ansprechen wollen. Bei uns kamen somit schon immer jung und alt, Kenner oder Nicht-Kenner zusammen. Das macht uns aus und wird von unserem Umfeld gewünscht. Die Anzahl unserer treuen Sammler, wie auch der Zuwachs von (jungen) Neukunden bestätigen uns darin. Darüber freuen wir uns sehr.

Ihr nutzt viele neue Medien zur Kommunikation und zur Vermarktung. Welche machen Sinn für die Kunst, welche weniger? Welche Entwicklungen seht Ihr für den Kunstmarkt der Zukunft? Wird mehr digital passieren und weniger analog?

Katharina: Um letzteres als erstes zu beantworten: Beides. Analoge Erfahrung von Kunst wird kein digitales Medium dieser Welt ersetzen können. Das hat uns auch jetzt die Corona Pandemie noch einmal gezeigt. Diese hat uns aber auch noch einmal vor Augen geführt, dass digitale Medien unglaublich wichtig geworden sind. Vor allem um Menschen weiterhin anzusprechen. Wir kennen viele Galerien, die keine digitalen Medien brauchen. Die werden sich auch nicht mehr mit Instagram und Co. beschäftigen müssen. Dafür ist ihr Name und die Marktpräsenz einfach zu groß. Für neue, junge und mittelständische Galerien ist es jedoch nicht mehr so einfach, auf eine digitale Präsenz (vornehmlich auf Instagram) zu verzichten. Gerade international merken wir immer mehr, dass Kunst ganz anders konsumiert wird als in Deutschland. In Amerika und Asien haben kunstinteressierte Leute immer weniger Probleme damit, Kunst auch digital zu erwerben. Digitale Medien müssen unserer Meinung nach daher genauso gut gepflegt und bearbeitet werden, wie die Ausstellung und Vernissage vor Ort.

Patrick: Wir geben dem Austausch und dem Netzwerken in der digitalen Welt genauso viel Aufmerksamkeit wie der analogen. Auf den digitalen Plattformen bekommen alle Personen genauso schnelle Antworten auf ihre Fragen, wie in der Galerie oder auf Messen. Das bedeutet, wir geben dem digitalen, sowie dem analogen Kunden den gleichen Service. Darüber hinaus erkennen wir als junge Galerie in den sozialen Medien Chancen der Vermarktung, die wir analog nicht haben. Es ist kostengünstiger als die überteuerten Bluechip-Messen heutzutage, es gibt dort keine Gremien, die über deine Relevanz auf dem Kunstmarkt entscheiden. Man ist freier und nicht von dem regionalen Markt abhängig. Als Galerie, die junge Kunst zeigt und keine Millionenbeträge einfährt, ist das manchmal sogar schon überlebenswichtig geworden.

Welche Pläne habt Ihr für die Zukunft?

Patrick: Grundsätzlich wollen wir erst einmal so weiter machen wie bisher. Denn wir empfinden, dass wir gerade auf einem für uns gutem Weg sind. Aber um es zu konkretisieren: Wir würden gerne unsere digitale und analoge Reichweite weiter ausbauen, um dadurch neue Märkte zu erschließen und somit unseren Künstlerinnen und Künstlern die bestmögliche Plattformen zu bieten. Dazu gehören natürlich auch die Teilnahme an international angesehenen Kunstmessen, weitere Pop-Up Ausstellungen, Publikationen, etc..

Katharina: Die Teilnahme an der Art Brüssel ist zum Beispiel aus jetziger Sicht ein großer Traum von uns. Aber wir versuchen gerade einfach nur durch kluges, strategisches Erkennen von Möglichkeiten uns weiter zu etablieren und unseren Künstlerinnen und Künstler, aber auch Kunden zukunftsorientiert ein professionelles, fundiertes, abwechslungsreiches und auch familiäres Umfeld zu bieten.

 
Patrick Droste und Katharina Galladé

Patrick Droste und Katharina Galladé

Galerie Droste, Wuppertal

Galerie Droste, Wuppertal

Installationsansicht, Galerie Droste, Tim Sandow und Super A, Art is where the heart is Vol. 7, 2020

Installationsansicht, Galerie Droste, Tim Sandow und Super A, Art is where the heart is Vol. 7, 2020

Installationsansicht, Galerie Droste, Ákos Ezer, Memories from the future, 2020

Installationsansicht, Galerie Droste, Ákos Ezer, Memories from the future, 2020

 

Welche drei Empfehlungen habt Ihr für neue Kunstkäufer, um eine qualitativ gute Sammlung aufzubauen?

Katharina: Der Begriff „Qualität“ muss dafür erst einmal für einen selbst definiert werden. Es gibt verschiedene Auslegungen dafür. Egal was man möchte: Wir denken, dass es immer die drei gleichen Säulen sind, die einen zu seinem Ziel bringen: Erkunden, Nachfragen und Erkennen. Erst durch das Wissen um den Markt, die Kunstgeschichte und die Vita des Künstlers, sowie der damit einhergehenden Schulung des eigenen Auges, lässt sich eine Sammlung aufbauen, die von hoher Qualität ist, egal wie die Definition ausgelegt sein mag.

Patrick: Aber als Sammler selbst, können wir nur jedem Sympathie entgegen bringen, der überhaupt die Leidenschaft des Sammelns besitzt und einfach Spaß daran hat. Jede Sammlung, egal in welcher Form und Größe, hat ihren eigenen Charme und repräsentiert die Person, die es tut. Das macht jede Sammlung besonders.

Welche drei Empfehlungen habt Ihr für Künstler, um erfolgreich zu werden?

Katharina: Das ist immer eine schwierige Frage. Runtergebrochen ist es ja immer noch so und wird auch immer so sein, dass es erst einmal darauf ankommt, gesehen zu werden und wenn man gesehen wird, in diesem Moment einem persönlichen Geschmack oder einem Zeitgeist zu entsprechen. Dafür bieten sich natürlich Ausbildungen an Kunstakademien an, aber auch das Internet oder Teilnahmen an kleineren unabhängigen Projekten. Wenn man im Museum, auf einer Messe hängt oder in einer Galerie ausgestellt wird, ist ein Teilerfolg ja schon erreicht. Vorher ist es jedoch wie in anderen Berufen dieser Welt auch: Man sollte ein gutes Netzwerk besitzen. Viele unserer Künstler haben wir durch andere Künstler oder Kuratoren kennengelernt. Dies bedeutet natürlich auch, umtriebig zu sein. Sich zu zeigen, Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Künstler, die wirklich von ihrer Kunst leben wollen, müssen präsent sein.

Patrick: Und auch wenn die allgemeine Meinung besteht, dass der Galerist für die öffentliche Repräsentation des Künstlers hauptverantwortlich ist, der Künstler sich somit ausschließlich auf sein Werk konzentrieren darf, ist das sicherlich richtig. Jedoch können Galeristen auch nur dann bestmöglich arbeiten, wenn sie einen guten Sparring-Partner an Ihrer Seite haben. D.h. Künstlerinnen und Künstler sollten ein gewisses Grundverständnis für das Betriebssystem Kunst mitbringen, oder aber die Bereitschaft das System und dessen sensiblen Schemata kennenzulernen und zu verstehen. Und ansonsten: einfach machen. Kunst entsteht durch Machen.

Vielen Dank für das Interview, Katharina und Patrick!

www.galeriedroste.de

Text: Ruth Polleit Riechert
Fotos: Galerie Droste, Tony Klicklack (Porträtfotos)