Linus Clostermann – nest
In verschiedenen Ecken und Nischen des Ausstellungsraumes haben sich kleine Objekte eingenistet, die, verbunden durch ein unsichtbares Netz im Raum, zu korrespondieren scheinen. Wie verschiedene Spezies einer Gattung unterscheiden sie sich in ihrer natürlich anmutenden Farbigkeit und dringen leise, fast unmerklich, in die Architektur ein. Die biomorphe Formgebung dieser Organismen steht im Kontrast zu der künstlichen Materialität, wodurch die Objekte als Fremdkörper entlarvt werden und sich plötzlich jeglicher Natürlichkeit entziehen. Es entsteht eine Art organische Abstraktion, die ein Spannungsfeld zwischen der natürlichen Form und dem industriell gefertigten Material eröffnet. Diese vorgetäuschte Natürlichkeit geht einher mit der Ungewissheit über die Bedeutung der Objekte: die Öffnungen in der Oberfläche können als Unterschlupf dienen, gleichzeitig kann das nest jedoch als eigenständiges Wesen und Bewohner*in eines Ortes verstanden werden.
Aus den organischen Objekten wachsen spitz zulaufende Antennen, die nach vorne gerichtet langsam den Raum erkunden. Dadurch wird möglicherweise eine fortschreitende Inbesitznahme des Ortes durch den fremdartigen Organismus angedeutet. Sämtliche Ecken und abseits gelegene Nischen erweisen sich als geschützte Stellen für die Niederlassung und als Ausgangspunkt für die Erschließung des Raumes. Stellt das Wesen für die menschlichen Betrachter*innen eine Bedrohung dar? Welche Wirkung hat die Anwesenheit dieser Substanz auf die Architektur? Ist eine Symbiose zwischen beiden Polen möglich?
Mit der Installation nest werden im Rahmen der Ausstellung neue Perspektiven präsentiert, die nicht ausschließlich auf der menschlichen Wahrnehmung beruhen. Der Frage nach dem Verhältnis von Raum und Identität wird in der Arbeit von Linus Clostermann in Bezug auf ein Phänomen der Aneignung von Räumen durch nicht-menschliche Organismen nachgegangen.
Text: Pia Gottschalk, artburst berlin e. V. über die Arbeit nest von Linus Clostermann in der Gruppenausstellung „Where do you think you´re going? On Spaces and Identities“, Salon am Moritzplatz, Berlin 2022
Fotos: Linus Clostermann
Submission by Linus Clostermann
linus-clostermann.de